Aminosäuren im Muskelaufbau

Selbst wenn du bereits jegliches Wissen aus der Schule vergessen hast, den Begriff Aminosäure hat jeder schon einmal gehört. Besonders im Fitnessbereich haben diese Moleküle eine große Bedeutung, deswegen lohnt es sich auch außerhalb eines Chemie-Studiums ein Blick auf die Funktionsweise dieser Verbindungen zu werfen. Wer verstanden hat, wie Aminosäuren auf den Körper wirken, kann mit dem Wissen sein eigenes Training verbessern. Wir erklären dir, welche Aminosäuren für den Muskelaufbau wichtig sind, was die Begriffe “essentiell” und “BCAA” bedeuten und in welchen Lebensmitteln besonders viele Aminosäuren zu finden sind!

Was sind Aminosäuren?

Lebewesen benötigen verschiedene Stoffe, um zu überleben. Auch beim Menschen setzt der Körper in jeder Sekunde des Lebens Stoffe um. Neben vielen anderen Molekülgruppen haben insbesondere Aminosäuren eine große Bedeutung. Während Wissenschaftlern der Chemie mehrere hundert Aminosäuren bekannt sind, wird der Begriff im Fitnessbereich meist als Synonym verwendet für die insgesamt 20 proteinogenen Aminosäuren. Diese Aminosäuren sind die Bestandteile der Proteine und im genetischen Code des Menschen verankert. Manche Quellen zählen auch 3 weitere proteinogene Aminosäuren hinzu, wie z.B. Selenocystein. Diese Säure steht jedoch nicht im genetischen Code des Menschen.

Schematisch einteilen lassen sich Aminosäuren in essentiell, semi- und nicht-essentiell. Die Gruppe der essentiellen Aminosäuren kann der menschliche Körper nicht selbst herstellen. Diese muss er über die Nahrung aufnehmen. Die semi-essentiellen Aminosäuren kann der Körper grundsätzlich selbst bilden. Sie sollten aber in Ausnahmesituationen zusätzlich genommen werden, um beispielsweise den Verlauf einer Krankheit zu verkürzen oder einer extremen Belastung standzuhalten. Die dritte Gruppe der nicht-essentiellen Aminosäuren kann der Körper komplett selbst herstellen.

Bedeutung für den Muskelaufbau

Abhängig vom Alter und Zustand besteht der menschliche Körper aus etwa 15 % Proteinen, oder auch Eiweiße genannt. Doch die Eiweiße unterscheiden sich, unter anderem in ihrer Funktion. Einige dieser Aufgaben im Körper sind:

  • Erneuerung, da Eiweiß Bestandteil jeder menschlichen Zelle ist
  • Reparatur, wenn Zellen Defekte aufweisen
  • Stärkung des Immunsystems
  • Regulation und Steuerung des Energiehaushalts und der Fettverbrennung
  • Produktion von Blutkörperchen
  • Ausschüttung von Hormonen
  • Aufbau von Muskeln

Insbesondere der letzte Punkt lässt dich als Bodybuilder sicher aufhorchen. Nach einer langen, intensiven Trainingseinheit sendet der Körper das Signal: Die Muskeln wurden belastet und sollen wachsen, um die nächste starke Belastung besser zu ertragen. Der Körper fordert also einen Eiweiß-Nachschub an. Auf der Molekularebene bedeutet das, dass du nun die richtigen Aminosäuren benötigst.

Welche Aminosäuren sind besonders wichtig?

So wie nicht alle Eiweiße für die gleichen Aufgaben im Körper zuständig sind, haben auch Aminosäuren unterschiedliche Rollen im Stoffwechsel. Eine ganz besondere Kategorie sind die BCAAs, also Branched-Chain Amino Acids. Ins Deutsche übersetzt heißt das: Verzweigtkettige Aminosäuren. Diesen Begriff findest du nicht nur auf unserer Webseite. Auch, wenn du dich mit erfahreneren Sportlern unterhältst, gelangt ihr zu diesem Thema.

Als BCAAs werden die Aminosäuren Isoleucin, Leucin und Valin bezeichnet. Alle 3 gehören zu den essentiellen Aminosäuren. Sie haben gegenüber anderen Aminosäuren einen großen Vorteil: Der Stoffwechsel findet nur in geringen Mengen in der Leber statt. Der Großteil wird direkt an der Stelle des Körpers umgesetzt, welche die BCAAs benötigt. Diese Art Aminosäuren haben 4 Hauptaufgaben, welche für Muskeln funktional sind: Sie

  • unterstützen das Muskelwachstum
  • verhindern den Abbau von Muskelgewebe
  • verbessern die Ausdauer der Muskulatur
  • fördern die Durchblutung

Dadurch, dass die BCAAs keinen Umweg über die Leber nehmen, sind sie vor, während und nach dem Training nützlich und schnell verfügbar. Die BCAAs werden auch Stress-Aminosäuren genannt, da ihre Wirkung nicht nur beim Training eine besondere Bedeutung hat, sondern auch bei psychischen Krankheiten oder Verletzungen – Momente, in denen der Körper unter Stress gesetzt wird. Außer in Nahrungsergänzungsmitteln sind die BCAAs vor allem in folgenden Lebensmitteln vorhanden:

  • Leucin: Erdnüsse, Bohnen, Erbsen, Käse, Thunfisch, Garnele, Rinderleber, Hühnerbrust
  • Isoleucin: Erdnüsse, Bohnen, Erbsen, Käse, Rochen, Hummer, Hühnerbrust, Schweineleber
  • Valin: Bohnen, Käse, Sardine, Thunfisch, Schweinefleisch

Es ist ratsam, die BCAAs vor und nach dem Training einzunehmen. Wenn du es vor dem Training einnimmst, wird die Proteinsynthese und der Effekt des Fettabbaus optimal genutzt. Nach dem Training hilft es, bei einem Defizit an Kalorien im Körper, den Muskelabbau zu verhindern. Das kann vor allem passieren, wenn du dich im fortgeschrittenen Training befindest und kaum Fettreserven vorhanden sind.

Weitere Aminosäuren für den Muskelaufbau: Arginin, Carnitin, Glutamin

Nicht nur die BCAAs haben eine besondere Bedeutung für das Training, sondern auch einzelne weitere Aminosäuren der 20 proteinogenen Aminosäuren. Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch nutzt man für Aminosäuren ein “L” vor dem Namen, beispielsweise L-Arginin. Dieser Buchstabe ist jedoch nur für die Struktur auf der Molekularebene bedeutend. Im Fitnessbereich ist dieses Kürzel weniger relevant. Aufgrund der Lesbarkeit lassen wir es in den kommenden Abschnitten aus.

Arginin

Arginin ist eine semi-essentielle Aminosäure, der Stoff wird also grundsätzlich vom Körper selbst hergestellt. Als Sportler hast du jedoch einen erhöhten Bedarf. Arginin wird im Körper zu Stickstoffmonoxid umgewandelt, das führt zu einer Erweiterung der Gefäße. Der gesamte Körper wird dadurch besser durchblutet, darunter natürlich auch die Muskeln. Durch diesen Effekt ist Arginin besonders nützlich beim Pump. Zum besten Ergebnis kommst du, wenn du Arginin eine halbe Stunde vor dem Training zu dir nimmst. Arginin gibt es in Form von Liquid, Kapseln und Pulver. Empfehlenswert ist die Kombination vom Pulver mit Fruchtsaft. Der Fruchtzucker unterstützt den Transport des Arginins, zudem wird der bittere Geschmack überdeckt. Arginin kommt daneben vor allem in Erdnüssen, Mandeln, Weizenkeimen und Rindfleisch vor.

Carnitin

Auch Carnitin ist eine semi-essentielle Aminosäure. Präsentiert wird es von Herstellern vor allem als “Verbrenner” von Fett. Grundsätzlich erfüllt Carnitin diese Aufgabe im Körper – allerdings ist es wissenschaftlich derzeit umstritten, ob zusätzliches Carnitin den Effekt der Fettverbrennung steigert. Bei Sportlern, die schon eine Zeit lang trainieren, hilft Carnitin bei der Regeneration. Bei regelmäßiger Einnahme gibt es eine geringere Wahrscheinlichkeit einen Muskelkater oder Krämpfe zu erleiden. Carnitin ist vor allem in folgenden Lebensmitteln zu finden: Steinpilze, Spitzmorcheln, Hummer, Langustenschwanz und Ziegenkäse.

Glutamin

Eine weitere semi-essentielle Aminosäure ist Glutamin. Durch Glutamin wird in den Muskeln Wasser eingelagert. Dies ist ein sogenanntes anaboles Warnsignal für den Körper. Als Folge werden Protein und Glykogen gebildet und das Wachstum der Muskeln gefördert. Wie beim Carnitin ist die zusätzliche Wirkung von Glutamin ein Thema, welches in der Wissenschaft diskutiert wird. Glutamin findest du vor allem in Nudeln, Dinkelmehl, Soja-/Limabohnen, Kochschinken, Käse, Thunfisch und Kaviar.

Übrigens: Alle hier vorgestellten Aminosäuren haben einen positiven Effekt auf das Immunsystem. Du stärkst also nicht nur deine Muskeln, sondern auch die körpereigene Abwehr. Da Eiweiß zudem ein wichtiger Bestandteil von Haaren und Nägeln ist, unterstützen sie zudem ein lebendiges, frisches Aussehen.

Was ist bei der Einnahme zu beachten?

Wenn du dich schon länger mit dem Thema Fitness auseinandersetzt, wirst du dir auch Gedanken um die Ernährung gemacht haben. Bei einer ausgewogenen eiweißreichen Kost wird dem Körper bereits ohne Supplemente eine ausreichende Anzahl an Aminosäuren zugeführt. Solltest du dennoch Nahrungsergänzungsmittel zu dir nehmen, ist es wichtig, die empfohlene Menge nicht zu überschreiten. Eine Überdosierung kann zu Bauchschmerzen und Blähungen führen. Zudem solltest du genug Wasser trinken, damit die Nieren nicht zu sehr belastet werden. Manche Medikamente werden bei gleichzeitiger hoher Dosis eines Ergänzungsmittel unwirksam oder haben nicht beabsichtigte Nebenwirkungen, deswegen solltest du vor der Einnahme mit einem Arzt Rücksprache halten.

Was passiert, wenn Aminosäuren fehlen?

Nicht nur die Überdosierung kann zu Problemen führen, auch ein Mangel an Aminosäuren ist schlecht für den Körper. Das kommt zum Beispiel bei falscher Ernährung vor – oder falls aufgrund eines Defektes der Körper nicht ausreichend semi-essentielle Aminosäuren bildet. Beispiele für Krankheiten, die aus einem Mangel entstehen können: Erektionsstörungen, Diabetes, Schlafstörungen, Haarausfall oder Arthrose. Auch ein hoher Cholesterinwert wird mit fehlenden Aminosäuren in Verbindung gebracht.

Fazit

Wer effektiv Muskeln aufbauen möchte, benötigt Proteine in ausreichender Anzahl. Oder auf molekularer Ebene: Aminosäuren. Die wichtigsten Aminosäuren für Sportler sind die BCAAs (Valin, Leucin und Isoleucin) sowie Arginin, Carnitin und Glutamin. Diese Aminosäuren helfen beim Muskelaufbau, der Regeneration und verhindern den Abbau von Muskelmasse. Bei einer ausgewogenen Ernährung steht in der Regel genug Eiweiß zur Verfügung. Dennoch kann es in bestimmten Situationen hilfreich sein, vereinzelte Aminosäuren über Nahrungsergänzungsmittel zu sich zu nehmen. Wenn die anderen Grundlagen (Ernährung, Training, Regeneration) stimmen, kann man austesten, ob zusätzliche Aminosäuren den individuellen Trainingseffekt steigern – denn wie bei vielen Tipps zur Fitness gilt: Du kennst deinen Körper selbst am besten!