Serin im Muskelaufbau

Proteine sind an praktisch allen Vorgängen im menschlichen Körper beteiligt. Sie regulieren das Immunsystem, reparieren geschädigte Zellen, sind am Knochenaufbau beteiligt und spielen beim Wachstum eine unverzichtbare Rolle.

Eine ausreichende Versorgung mit Proteinen ist für jeden Menschen lebensnotwendig. Es gibt aber Personengruppen mit einem erhöhten Bedarf. Darunter fallen viele Sportler. Insbesondere Bodybuilder und Kraftsportler benötigen größere Mengen, um ein optimales Muskelwachstum zu garantieren.

Essentielle, semi-essentielle und nicht-essentielle Aminosäuren

Damit Proteine im Körper gebildet werden können, werden Aminosäuren wie Serin benötigt. Zur Unterteilung der Aminosäuren wird die Fähigkeit des menschlichen Körpers, Aminosäuren selbstständig in Stoffwechselprozessen zu bilden, herangezogen. Aminosäuren, die in ausreichenden Mengen gebildet werden können, werden in die Gruppe der nicht-essentiellen Aminosäuren eingeordnet. Ein Vertreter dieser Gruppe ist Serin.

Semi-essentielle Aminosäuren können in der Regel vom Körper in ausreichender Menge gebildet werden. Es kann aber Situationen geben, in denen die körpereigene Produktion nicht mehr ausreichend ist. Beispiele für solche Situationen sind Schwangerschaften, der Heilungsprozess nach schweren Verletzungen oder ein erhöhter Bedarf durch Muskelaufbau-Training.

Essentielle Aminosäuren können nicht vom Organismus gebildet werden. Sie müssen in ausreichender Menge über die Nahrung aufgenommen werden. Geschieht dies nicht, kommt es zu Mangelerscheinungen.

Prinzipiell können auch nicht-essentielle Aminosäuren essentiell bzw. semi-essentiell werden. Bei einem stark erhöhten Bedarf ist es möglich, dass der Körper nicht mehr ausreichend Serin produzieren kann. Eine Aufnahme über die Nahrung wird dann notwendig.

Eigenschaften des Serins

Serin ist eine kanonische proteinogene α-Aminosäure. Das heißt sie ist am Aufbau der im Körper vorkommenden Proteine beteiligt. Serin verfügt über ein α-Kohlenstoffatom, an dem die Amino- (-NH2 ) und die Carboxylgruppe (-COOH) gebunden sind. Die Summenformel von Serin lautet C3H7NO3. Am α-Kohlenstoffatom schließt sich bei Serin ein weiteres Kohlenstoffatom an, an das zwei Wasserstoffatome und eine Hydroxylgruppe (-OH) gebunden sind.

Die Struktur bedingt, dass Serin in Lösung als sog. Zwitterion vorliegt. Zwitterionen sind nach außen elektrisch neutral. Innerhalb der Molekülstruktur verfügen sie jedoch über eine anionische (negative Ladung) und eine kationische Komponente (positive Ladung). Die beiden Ladungen gleichen sich gegenseitig aus, wodurch sich die elektrische Neutralität erklärt. An das α-Kohlenstoffatom des Serins sind 4 verschiedene Gruppen gebunden. Es verfügt also über ein chirales Zentrum. Die Chiralität des Serins bedingt, dass zwei Konfigurationen des Moleküls existieren, die sich wie Bild und Spiegelbild zueinander verhalten. Ein ähnliches Beispiel für Chiralität sind die menschlichen Hände. Diese lassen sich nicht deckungsgleich übereinander bringen.

Die beiden Serin-Isomere werden mit den Buchstaben D (für dextro, rechts) und L (für levo, links) bezeichnet. Für Prozesse wie den Muskelaufbau ist allerdings nur L-Serin von Bedeutung. L-Serin dreht die Ebene polarisierten Lichtes nach links und damit gegen den Uhrzeigersinn. Wenn in diesem Artikel von Serin die Rede ist, ist damit automatisch L-Serin gemeint.

Vorkommen von Serin

Serin wurde erstmals aus Seide isoliert. Der Name Serin leitet sich vom auch als Sericin bezeichneten Seidenbast ab. Seidenbast bildet in der Rohseide ein leimartiges Material, das einzelne Seidenfäden miteinander verklebt. Die Hülle des Fadens eines Seidenspinners besteht zu fast einem Drittel aus Serin. In Lebewesen kommt Serin zudem in Zellmembranen als Teil der Lipiddoppelschicht vor.

Bildung von Serin im menschlichen Körper

Die Biosynthese von Serin erfolgt im Menschen über die Oxidation und anschließende Transaminierung von 3-Phosphoglycerat. Das Enzym Serin-Hydroxymethyltransferase wandelt Serin in Glycin um. Außerdem kann es ähnlich dem Alanin zu Brenztraubensäure umgewandelt und so über die Nieren und Leber zur Energiegewinnung verwendet werden.

Funktionen von Serin

Serin ist Bestandteil von vielen Proteinen. Dementsprechend übernimmt es eine Vielzahl von Aufgaben im Körper. Eine wichtige Aufgabe ist die Reparatur von geschädigten Muskelzellen. Ohne genügend Serin können die an Reparaturprozessen beteiligten Proteine nicht richtig arbeiten.

Die Zellreparatur ist für Kraftsportler und Bodybuilder besonders von Bedeutung. Muskelaufbau erfolgt durch Hypertrophie. Hypertrophie ist das durch Mikrotraumata hervorgerufene Dickenwachstum von Muskelzellen. Muskelwachstum ist in erster Linie also ein Reparaturprozess, für den eine ausreichende Menge an Proteinen und Aminosäuren zur Verfügung stehen muss. Die Aminosäure ist an weiteren Körperfunktionen beteiligt. Als Bestandteil von Zellmembranen übernimmt sie Aufgaben bei der Kommunikation zwischen Zellen. Aus diesem Grund ist Serin in Gehirn- und Nervenzellen angereichert. Die bei Serin-Mangel auftretenden Erscheinungen wie Gedächtnisschwäche und Konzentrationsprobleme lassen sich auf diese Weise erklären. Eine Serin-Einnahme wirkt sich im Umkehrschluss positiv auf die Leistungsfähigkeit des Gehirns aus.

Außerdem stimuliert Serin Prozesse im Immunsystem. Eine ausreichende Serin-Versorgung verringert die Anfälligkeit für Infekte aller Art. Es ist ein wichtiger Baustein für Botenstoffe, die sich unter anderem auf Signal-Übertragunsprozesse von Nervenzellen auf Muskelzellen auswirken. Bei Serin-Mangel kann es daher zu Muskelschwäche ähnlichen Symptomen kommen.

Quellen für Serin

Serin kommt in zahlreichen Lebensmitteln vor. Dabei lässt sich auf tierische, vegetarische und pflanzliche Eiweiße zurückgreifen. Gute Serin-Quellen sind Erdnüsse, Schweine- und Rindfleisch, Geflügel, Fisch, Käse, Linsen und Sojabohnen. Im Vergleich mit anderen Aminosäuren ist der Serin-Gehalt in Lebensmitteln jedoch eher gering.

Serin-Gehalt ausgewählter Lebensmittel

  • Linsen – 1,5g pro 100g
  • Sojabohnen – 1,7g pro 100g
  • Hirse – 1,7g pro 100g
  • Camembert – 1,2g pro 100g
  • Gouda – 1,6g pro 100g
  • Erdnüsse – 1,8g pro 100g
  • Rinderfilet – 1g pro 100g
  • Schweinefilet – 1.1g pro 100g
  • Thunfisch – 1,1g pro 100g
  • Heilbutt – 1,3g pro 100g
  • echter Kaviar – 2g pro 100g

Eine weitere mögliche Quelle sind Whey-Produkte. Diese enthalten in der Regel höhere Serin-Anteile als herkömmliche Lebensmittel. Sie sind daher gut geeignet einen erhöhten Bedarf, wie er etwa durch Kraftsport entstehen kann, zu decken. Serin ist auch als isolierte Aminosäure erhältlich. Ein erhöhter Serin-Bedarf lässt sich mit diesen Produkten gezielt decken. Außerdem gibt es Serin-Verbindungen wie Phosphatidylserin zu kaufen. Diese bioaktiven Verbindungen können zur Unterstützung bestimmter Körperprozesse verwendet werden. Das Phosphatidylserin wird in Zellmembranen verbaut und soll unter anderem die geistige Leistungsfähigkeit steigern.

Fazit

Serin ist eine proteinogene nicht-essentielle Aminosäure. Sie übernimmt im Körper wichtige Aufgaben und ist im Gehirn für die geistige Leistungsfähigkeit wichtig. Für den Muskelaufbau ist Serin als Bestandteil vieler Proteine ebenfalls wichtig. Bodybuilder und Kraftsportler können aus diesem Grund einen erhöhten Serin-Bedarf entwickeln. Die Aminosäure wird dann semi-essentiell.

Ein erhöhter Serin-Bedarf lässt sich mit Lebensmitteln wie Fisch, Rind- und Schweinefleisch, Linsen oder Sojabohnen decken. Im Vergleich zu anderen Aminosäuren kommt Serin in Nahrungsmitteln unterdurchschnittlich vor. Eine Aufnahme über Whey-Produkte kann daher sinnvoll sein.