L-Isoleucin im Muskelaufbau

Isoleucin, oder im Dreibuchstabencode auch abgekürzt mit Ile, ist eine Aminosäure der Aspartatgruppe. Sie ist ein farbloser Feststoff mit schwachem Geruch und zählt zu den so genannten essentiellen Aminosäuren. Darunter fallen jene, die lebensnotwendig sind, aber vom Körper nicht selbst aus elementaren Bestandteilen gebildet werden können. Die Aufnahme dieser Verbindungen durch die Nahrung ist daher obligatorisch. Zu ihnen zählen beispielsweisse auch die Aminosäuren Valin und Lysin. Dem gegenüber stehen die nicht essentiellen Aminosäuren. Diese werden vom Körper selbst gebildet und eine Aufnahme mit der Nahrung wirkt ergänzend, ist aber nicht lebensnotwendig. Vertreter dieser Gruppe sind Glycin und L-Glutamin.

Chemischer Hintergrund

Isoleucin gehört zur Gruppe der Aspartate, leitet sich also im Aufbau von der Asparginsäure ab.
Die Vorsilbe „Iso“ lässt auf die verzweigte Kohlenstoffkette der Aminosäure schließen, welche ein charakteristisches Strukturmerkmal derer ist. Leucin ohne das Präfix „Iso“ besteht aus der gleichen Anzahl an Atomen, ist allerdings nicht verzweigt. Leucin und Isoleucin sind Konstitutionsisomere, also solche Verbindungen, die die gleiche Summenformel haben, aber einen unterschiedlichen räumlichen Aufbau.
Isoleucin weist zwei Stereozentren auf. Einfach betrachtet ist ein Stereozentrum ein Kohlenstoffatom, an das vier unterschiedliche Substituenten, also weitere Atome oder Molekülbausteine, gebunden sind. Daraus ergeben sich verschiedene Möglichkeiten der räumlichen Orientierung dieser zueinander. Insgesamt ergeben sich vier Varianten, man spricht von vier Enantiomeren. Nach der Fischer-Nomenklatur benennt man diese als L-Enantiomer und D-Enantiomer, die zwei weiteren als L-allo- und D-allo-Enantiomer. L und D beziehungsweisse L-allo und D-allo verhalten sich je wie Bild und Spiegelbild zueinander. Vergleichbar ist dieses Prinzip mit den menschlichen Händen. Sie bestehen beide aus den gleichen Bausteinen, sind aber spiegelbildlich zueinander. Enantiomere unterscheiden sich in ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften, beispielsweisse Geruch und sogar Giftigkeit.

Dagegen sind L beziehungsweisse D nicht spiegelbildlich zu L-allo beziehungsweisse D-allo. Eine Umwandlung von der einen in die andere Form ist nur durch Bindungsbruch möglich. Man spricht dann von Diastereomeren. In der Natur ist jedoch nur das L-Isoleucin von Belang. Wird im Folgenden von Isoleucin ohne Stereoinformation gesprochen, so ist damit immer die L-Form gemeint.

Das Vorkommen von Isoleucin

Isoleucin ist für den Körper essentiell, weshalb die Aufnahme durch Lebensmittel unerlässlich ist. In diesen liegt die Aminosäure ausschließlich in gebundener Form in Form von Proteinen vor. Sie wird erst nach Metabolisierung frei und für den Körper verwertbar. Den größten Anteil Isoleucin am Gesamtprotein weist nicht fettreduzierte Kuhmilch auf. Deren Gehalt beträgt sechs Prozent. Ein Stück darunter mit etwa fünf Prozent liegen Hühnerei und -fleisch. Auch Lachs und Rindfleisch sind mit knapp weniger gute Lieferanten des lebensnotwendigen Stoffes. Für Veganer stellen Reis und Erbsen die beste Quelle dar. Sie weisen immerhin noch einen Anteil von etwas über vier Prozent am Gesamtprotein auf.

Industriell wird Isoleucin durch Fermentation hergestellt. Dazu zählen Syntheseverfahren, bei denen durch enzymatische Katalyse organische Verbindungen in Säure, Gase oder Alkohole umgewandelt werden. Für Isoleucin ist eine Glukoselösung, die L-Threonin enthält, der Ausgangsstoff. In der mehrstufigen Syntheseroute entsteht ein Gemisch der unterschiedlichen Isomere, die im Anschluss ebenfalls enzymatisch getrennt werden. Durch die Möglichkeiten der großtechnischen Darstellung ist Isoleucin als Nahrungsergänzungsmittel, üblicherweise als Pulver oder Kapsel, erhältlich.

Bedeutung und Funktion im Körper

Isoleucin liegt im Körper hautsächlich in gebundener Form vor. Freie Anteile sind praktisch nur in Blut und Urin messbar. Im Blut sind Werte von sieben Milligramm pro Liter normal, mit dem Urin werden täglich etwa zehn bis fünfzehn Milligramm ausgeschieden. Die notwendige Tagesdosis liegt bei durchschnittlichem Gewicht und normaler körperlicher Betätigung bei eineinhalb Gramm. Diese Menge wird bereits mit zwei Eiern oder einhundert Gramm Hähnchenfleisch gedeckt. Für den Körper spielt die Aminosäure in einer Reihe von Prozessen eine wichtige Rolle.

Zentral ist ihre Rolle in der Hormonregulation. Sie aktiviert die Ausschüttung von Insulin, welches die Aufnahme von Glukose und anderen Aminosäuren in die Muskelzellen anregt. Das hat nicht nur Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel, sondern auch auf die Energiegewinnung. Ferner aktiviert Insulin das Hormon Somatotropin, welches für das Wachstum verantwortlich ist. Durch die indirekte Förderung der Aufnahme anderer Aminosäuren in Muskeln und Gewebe ist Isoleucin auch maßgebend für Heilungsprozesse. Wunden heilen dadurch schneller ab und das zusätzlich gestärkte Immunsystem beschleunigt noch weiter die Genesung. Untersuchungen zeigen auch, dass Erkrankungen wie Leberzirrhose (Umwandlung von Lebergewebe in Bindegewebe), Phenylketonurie (Stoffwechselstörung) und Schizophrenie (psychische Erkrankung) unter ausreichender Versorgung mit Isoleucin besser genesen.

Die Rolle von Isoleucin im Muskelaufbau

Isoleucin ist eine proteinogene Aminosäure. Das bedeutet, dass sie ein Baustein bei der Bildung von Proteinen ist. Da Muskeln hauptsachlich aus Eiweiß bestehen, wird die wichtige Rolle der Aminosäure schnell klar. Zudem ist sie nicht nur beim Neuaufbau beteiligt, sondern unterstützt auch die Regeneration stark strapazierter und eventuell geschädigter Muskelzellen nach einem intensiven Training. Doch nicht nur in diesem Kontext ist die Verbindung von großer Bedeutung. Sie stellt auch eine Quelle zur Energiegewinnung dar. Bei kurzzeitiger Belastung gewinnt der Körper die notwendige Energie aus der freien Glucose. Ist diese aufgebraucht, so müssen alternative Energiequellen die nötige Leistung erbringen. Wird dazu Isoleucin abgebaut, entstehen Acetyl-CoA und Propionyl-CoA. Acetyl-CoA steht für Acetyl-Coenzym A. Es wird in den Zellen durch die Mitochondrien in Kohlendioxid und Wasser zersetzt, wobei Energie frei wird. Propionyl-Coenzym A tritt in den Citratzyklus im Körper ein, welcher durch oxidativen Abbau freiwerdende Energie liefert.

Die zusätzliche Aufnahme von Isoleucin

Durch den prozentual gesehen hohen Anteil am Gesamtprotein von vielen Lebensmitteln kann bei ausgewogener Ernährung und normaler körperlicher Betätigung davon ausgegangen werden, dass dem Körper Isoleucin in ausreichender Menge zugeführt wird. Auch bei kurzzeitiger Belastung genügen dem Körper die Energiereserven ohne Rückgriff auf alternative Gewinnung durch den Abbau von Isoleucin. Steigt jedoch die Belastungsdauer und die Belastungsintensität, so steigt auch der Bedarf an der Aminosäure. Besonders betroffen sind Ausdauer- und Kraftsportler. Diese benötigen die Aminosäure als proteinogene Substanz für den angestrebten Muskelaufbau und während des Trainings als Energiequelle. In diesem Falle zeigt die zusätzliche Aufnahme von Isoleucin eine positive Auswirkung. Eine nicht ausreichende Versorgung würde den Muskelaufbau hemmen, verhindern oder im schlimmsten Fall sogar einen Rückgang der Muskelmasse auslösen.

Bei einem Training, dessen Zweck auch der Reduzierung des Körperfettes dient, ist die Aufnahme von Isoleucin von großer Wichtigkeit. Vor allem dann, wenn die Gewichtsabnahme nicht nur durch Training, sondern auch durch eine gleichzeitige Diät erreicht werden soll. Denn eine Diät bedeutet grundsätzlich auf Nahrungsverzicht und damit eine geringere Zufuhr von Isoleucin. Fehlt die notwendige Aminosäure, so besorgt der Körper sich diese aus den körpereigenen Proteinen. Folglich wird vor allem Muskelmasse und Gewebe abgebaut. Dem folgt zwar eine Gewichtsabnahme, aber der Verlust steht auf Seite der Muskeln und nicht auf der des Fettes. Weniger Gewicht heißt weniger Grundumsatz, welcher wieder eine geringere Fettverbrennung zur Folge hat und die Diät nicht den gewünschten Effekt zeigt. Aus gesundheitlichen Gründen empfiehlt es sich jedoch nicht, nur Isoleucin einzunehmen. Es wird eine gleichzeitige Aufnahme der Aminosäuren Leucin und Valin sekundiert. Ausserdem fördert Isoleucin die Bildung von Harnstoff, sodass viel Flüssigkeit aufgenommen werden muss, um das schädliche Stoffwechselendprodukt möglichst schnell mit dem Urin aus dem Körper auszuspülen.

Ursache und Auswirkung von Über- und Unterdosierung mit Isoleucin

Obwohl Isoleucin eine essentielle Aminosäure ist, der Körper also auf eine ausreichende Zufuhr durch die Nahrung angewiesen ist, ist eine Unterdosierung aufgrund des hohen Gehalts in zahlreichen Lebensmitteln bei einer ausgewogenen Ernährung und normaler körperlicher Betätigung eher unwahrscheinlich. Eine solche entsteht erst dann, wenn die Ernährung falsch oder unzureichend ist oder eine starke körperliche Belastung vorliegt. Weiter kann eine Unterversorgung auf einen erhöhten Bedarf durch das Hormonsystem oder anderer Stellen, die auf Isoleucin angewiesen sind, zurückgeführt werden. Die Folgen dessen wurden bereits bei der Notwendigkeit der Aufnahme bei sportlicher Betätigung angesprochen. Über diese hinaus sind durch die Beteiligung von Isoleucin am Hormonsystem auch hormonelle Schwankungen möglich. Ebenfalls zählen Anfälligkeit gegen Infektionskrankheiten, ein allgemein geschwächtes Immunsystem und verlangsamte Heilung von Wunden zu den Folgen.

Da die Aminosäure ausschließlich mit der Nahrung aufgenommen wird, und nicht darüber hinaus noch vom Körper selbst synthetisiert wird, ist auch eine Überdosierung im Allgemeinen auszuschließen. Eine solche tritt dann ein, wenn zusätzlich Isoleucin eingenommen wird, ohne dass dies eine sportliche Betätigung erfordert. Überdosierungen, vor allem in Verbindung mit fettreicher Ernährung, bergen die Gefahr einer Insulinresistenz. Diese ist bekannt als die Krankheit Diabetes oder im Volksmund als „Zuckerkrankheit“. Weiter können Hautkribbeln und Übelkeit mit Durchfall und Erbrechen auftreten. Der größte Risikofaktor einer Überdosierung besteht in der Störung des Hormonhaushaltes und des Stoffwechsels. Die Folgen einer solchen Beeinträchtigung sind breit gefächert und gesundheitlich prekär.

Zusammenfassung und Fazit

Die essentielle Aminosäure L-Isoleucin kann dem Körper nur durch Nahrungsmittel, beispielsweise Rindfleisch oder Reis, zugeführt werden. Er braucht sie zur Regulation des Hormonhaushaltes, zur Stärkung des Immunsystems und zur Heilung von Wunden und Verletzungen. Darüber hinaus ist sie ein Bestandteil von Eiweiß und eine Quelle zur Energiegewinnung, was sie im Muskelaufbau zu einer wertvollen Verbindung macht. Wird ein solcher angestrebt, ist eine weitere Aufnahme als Nahrungsergänzungsmittel durchaus angebracht. Andernfalls besteht das Risiko, dass gesundheitlich signifikante Mangelerscheinungen auftreten. Dennoch sollte über eine zusätzliche Supplementierung mit bedacht und nur in Maßen, die den tatsächlichen Bedarf decken, erfolgen, denn auch Überdosierungen haben Auswirkungen auf die Gesundheit.