L-Glutamin im Muskelaufbau

Die Aminosäure Glutamin, welche im Dreibuchstabencode durch „Gln“ gekennzeichnet wird, leitet sich aus der Glutaminsäure ab. Im Stoffwechsel stellt sie einen wichtigen Donor für Aminogruppen dar. Das bedeutet, dass sie bei den im Stoffwechsel stattfindenden Reaktionen die Aminogruppe bereitstellt. Diese eine die funktionelle Gruppe bestehend aus einem Stickstoff- und zwei Wasserstoffatomen. Etwa ein Fünftel der im Blut vorkommenden Aminosäuren ist Glutamin. Aufgrund seiner wichtigen Funktion im Stoffwechsel ist nach hypermetabolen und hyperkatabolen Krankheitsverläufen wie nach Operationen und Verbrennungen ein starker Abfall des Glutaminspiegels im Blut zu beobachten.

Chemische Hintergründe

Glutamin ist eine nicht essentielle Aminosäure. Das bedeutet, dass der Körper sie selbst synthetisieren kann und nicht auf die Zufuhr durch Lebensmittel angewiesen ist. Im Gegensatz dazu ist die Aufnahme von essentiellen Aminosäuren wie Lysin oder Valin durch Lebensmittel lebensnotwendig. Gebildet wird die Aminosäure vom Körper in mehreren Reaktionsschritten aus der Glutaminsäure. Zur Synthese dieser benötigt der Körper Glutamat, Ammonium und Adenosintriphosphat, üblicherweise durch ATP abgekürzt. Letzteres dient lediglich als Energieträger, um das Ammonium und das Glutamat zu verbinden.

Industriell kann es durch Fermentation hergestellt werden. Zu diesem Syntheseverfahren zählen eine Reihe spezieller Gärprozesse, die enzymatisch organische Stoffe in Säuren, Gase oder Alkohole umwandeln. Glutaminsäure kann in Form von zwei sogenannten Enantiomeren vorliegen. Diese sind spiegelbildlich zueinander aufgebaut. Nach der Fischer-Projektion benennt man diese als D-Glutaminsäure und L-Glutaminsäure. Entsprechend des Enantiomers, welches als Ausgangsverbindung bei der Biosynthese von Glutamin vorliegt, entsteht D-Glutamin und L-Glutamin. Auch hier unterscheiden sich die beiden Verbindungen nur dadurch, dass sie sich wie Bild und und Spiegelbild verhalten. Anschaulich ist dieses Prinzip vergleichbar mit dem Aufbau der menschlichen Hände. Beide bestehen aus den gleichen Bausteinen, sind aber spiegelbildlich zueinander. Chemisch gesehen unterscheiden sich doch beide Verbindungen in den Eigenschaften. In der Natur und im Körper kommt größtenteils die L-Glutaminsäure vor. In den Proteinen kommt ausschließlich das L-Glutamin vor. Daher ist im Folgenden immer das L-Enantiomer gemeint, wenn von Glutamin ohne Namenszusatz gesprochen wird.

Natürliches Vorkommen von Glutamin

In Lebensmittel kommt Glutamin praktisch ausschließlich in gebundener Form vor. Das bedeutet, dass es mit der Aufnahme der Lebensmittel nicht sofort frei verfügbar ist, sondern erst durch Metabolisierung zugänglich gemacht werden muss. Durchschnittlich hat Glutamin einen Anteil von knapp vier Prozent am Gesamtprotein eines Nahrungsmittels. Die Liste der Lebensmittel mit dem höchsten Gehalt wird angeführt von Sojabohnen und Erdnüssen. Deren Gehalt liegt bei etwa sechs Prozent des Gesamtproteins. Der Gehalt des Glutamins von Rind- und Hammelfleisch liegt im Durchschnitt. Schweinefleisch und Käse liegen etwas unter dem Durchschnittswert.

Die Funktion des Glutamins im Körper

Mit einem Anteil von 60 Prozent ist Glutamin an der Spitze der freien Aminosäuren im Körper. Grund dafür ist die vielseitige Funktion der Aminosäure. Bei unausgewogener Ernährung kann der Säure-Base-Haushalt des Körpers aus dem Gleichgewicht geraten. Die Folge: Zellen und Gewebe werden zerstört. In der Niere wirkt das Glutamin dem entgegen. Es spaltet die giftige Verbindung Ammoniak, ein Molekül aus einem Stickstoff- und drei Wasserstoffatomen, ab. Vor allem für das Hirn ist diese Verbindung äußerst gefährdend. Eine zu hohe Dosis behindert durch Zelltötung im Lang- und Kurzzeitgedächtnis die Hirnfunktion. Der basische Ammoniak wird an die Säure angelagert und diese somit neutralisiert. Der so entstandene Abfallstoff wird mit dem Urin ausgeschieden. Diese Form der Neutralisation spart dem Körper den Einsatz des körpereigenen Bicarbonats.

Für eine gesunde, straffe und voll funktionsfähige Haut ist das Glutamat ebenfalls von großer Bedeutung. Dies Haut enthält einen hohen Anteil an gebundenem Glutamin. Bei Unterversorgung ist die Haut das erste Organ, welches angegriffen wird, um den Mangel zu begleichen. Der Abbau von Gewebe und Muskelzellen sorgt für eine Erschlaffung der Haut und mindert die Funktionsfähigkeit.
Die Zellen für den Haaraufbau, die sogenannten Haarfolikel, sind angewiesen auf ausreichend Glutamin. Denn es stellt den einen Baustein zur Nukleotidsynthese dar und fungiert als Stickstoff- und Kohlenstofflieferant. In der Niere kann Glutamin zu Glukose umgewandelt werden. Der Unterschied bei dieser Entstehung des Zuckers ist jedoch, dass die Glukagon- und Insulinwerte unbeeinflusst bleiben. Da das Insulin die Fetteinlagerung hervorruft, wirkt Glutamin positiv bei der Regulierung des Körpergewichts. Weiter lassen Forschungsergebnisse vermuten, dass dieser Effekt zusätzlich verstärkt wird durch die Verminderung des Verlangens nach Zucker und Alkohol.

Die Rolle des Glutamins im Muskelaufbau

Die Aminosäure wird hautsächlich in den Muskelzellen gebildet. Dort liegt auch die höchste Konzentration des Glutamins vor. Es gelangt von dort aus mit dem Blutkreislauf in den gesamten Körper. In den Muskelzellen ist es hauptsächlich für die Wassereinlagerungen in die Zellen verantwortlich. Während des Trainings wird die Aminosäure aktiv. Sie lagert vermehrt Wasser in die Zellen ein und bewirkt somit eine Vergrößerung des Zellvolumens. Dies ist die Grundlage für den Muskelaufbau. Der Körper deutet das als ein anaboles Signal. Das besagt nichts anderes als dass dem Körper mitgeteilt wird, dass er in Muskeln, deren Zellen hohe Wasseranteile aufweisen, neues Gewebe bilden muss. Infolge dessen fördert er die Bildung von Protein und Glykogen. Letzteres ist ein wichtiger Stoff als Energiereserve. Das zusätzlich gebildete Protein wird zum Aufbau neuer Muskelzellen verwendet.

Die notwendige Glutaminmenge und zusätzliche Aufnahme

Wie bereits angesprochen ist Glutamin eine nicht essentielle Aminosäure, kann also vom Körper selbst synthetisiert werden. Zusätzlich ist sie in vielen Grundnahrungsmitteln in wesentlichen Anteilen vertreten. Ein Mangel an Glutamin ist als bei ausgeglichener Ernährung und normaler körperlicher Belastung eher unwahrscheinlich. Im Blut sind gemessene Werte zwischen 600 und 900 Mikromol normal und lassen auf ausreichende Versorgung des Körpers mit der notwendigen Aminosäure schließen.
Bei einem intensivem und über einen längeren Zeitraum andauernden Training steigt jedoch der Bedarf an Glutamin beträchtlich an, sodass er mit der eigenen Synthese und der Zufuhr durch Nahrungsmittel unter Umständen nicht mehr gedeckt werden kann. Um weiterhin positive Effekte mit Erhöhung von Muskelmasse und Kraftsteigerung aus dem Training zu ziehen, ist daher die zusätzliche Aufnahme der Aminosäure angebracht. Diese sorgt nicht nur weiter für Wassereinlagerung in Muskelzellen, sondern wirk auch dem Abbau anderen Gewebes entgegen und sorgt durch Beteiligung am Stoffwechsel für Regeneration über Nacht.

Gründe und Symptome einer Unterversorgung mit Glutamin

Ein Glutaminmangel ist aufgrund der körpereigenen Synthese und der Zufuhr durch Nahrungsmittel unwahrscheinlich. Kommt ein solcher doch vor, so ist dieser höchstwahrscheinlich zurückzuführen auf einen gestiegenen Bedarf an der Aminosäure durch intensives Training. Weiter kann ein Grund eine hypermetabole oder hyperkatabole Erkrankung sein, beispielsweise Verbrennungen oder Operationen. In diesem Fall handelt es sich bei der Senkung des Glutaminspiegels um einen körpereigenen Schutzmechanismus und nicht um eine Mangelerscheinung. Die Folgen einer Unterversorgung sind Veränderungen an Haut, Haaren und Nägeln. Deren Wachstum wird Verlangsamt und die Strapazierfähigkeit reduziert. Zusätzlich sind verminderte Leistungsfähigkeit und Erschöpfung Folgen. Damit einher geht geringere Stressresistenz, verlangsamtes Denken und Vergesslichkeit. Durch die Beteiligung des Glutamins am Hormonhaushalt sind nicht zuletzt auch innere Unruhe und Schlafstörungen mögliche Auswirkungen eines Glutaminmangels.

Nebenwirkungen und Dosierung bei zusätzlicher Aufnahme

Eine zusätzliche Aufnahme von Glutamin sollte erst bei intensivem Training in Betracht gezogen werden. Die Aufnahme als Hilfsstoff zur Fettverbrennung sollte nur nach ärztlicher Rücksprache erfolgen. Ein erhöhter Glutaminspiegel tritt ohne zusätzliche Aufnahme im Normalfall nicht auf. Ein zu hoher Spiegel ruft möglicherweise Nebenwirkungen hervor. Zu diesen zählen vorrangig Hitzegefühl und Einengung des Halses mit Kribbeln. Diese Symptome sind im Volksmund als „China-Restaurant-Syndrom“ bekannt. Weiter treten Kopf- und Magenschmerzen zusammen mit Übelkeit auf. Ferner sollte die gleichzeitige Einnahme von Milchprodukten vermieden werden, da diese die Aufnahme des Glutamins beeinträchtigen.

Zusammenfassung und Fazit

Die Aminosäure L-Glutamin ist im Körper vielseitig vertreten und übernimmt zahlreiche Aufgaben. Maßgebend ist sie im Stoffwechsel und im Muskelaufbau. Ihre positive Wirkung ist dabei auf die durch sie regulierte Wassereinlagerung in Muskelzellen bei Belastung zurückzuführen. Diese löst beim Körper ein anaboles Verhalten aus, er produziert also Energieträger und Muskelmasse an den belasteten Stellen. Glutamin ist nich essentiell, der Körper kann es also selbst erzeugen. Durch den zusätzlichen Glutamingehalt vieler Nahrungsmittel ist damit eine ausrechende Versorgung gewährleistet. Unter- und Überdosierungen führen zu ungesunden Wirkungen. Erst bei intensivem Training kommt es zu Mangelerscheinungen. Nur in diesem Fall sollte zwecks Unterstützung des Muskelaufbaus und der Regeneration Glutamin zusätzlich genommen werden.