Glycin im Muskelaufbau

Glycin, welches auch unter der Bezeichnung „Glyzin“ oder „Glykokoll“ bekannt ist, und üblicherweise durch G oder Gly abgekürzt wird, ist eine Aminosäure. Sie ist die kleinste, einfachste und die einzig eiweißbildende Aminosäure. Sie ist nicht chiral (also deckbar mit ihrem Spiegelbild) und damit nicht optisch aktiv. Glycin ist wichtiger Bestandteil fast aller Proteine und Knotenpunkt des Stoffwechsels. Es hat einen süßlichen Geschmack, weswegen es in Lebensmitteln als Süßungsmittel und Geschmacksverstärker Anwendung findet.

Glycin ist eine nicht essentielle Aminosäure. Das bedeutet, dass sie vom menschlichen Körper synthetisiert werden kann. Damit ist die Aufnahme der Aminosäure durch Nahrungsmittel nicht obligatorisch. Essentielle Aminosäuren hingegen kann der Organismus nicht produzieren, wodurch die Aufnahme mit der Nahrung für den Körper zwingend erforderlich ist. Zu diesen zählen Aminosäuren wie Lysin und Valin. Konkret entsteht Glycin im Körper durch enzymkatalysierte Reaktionsvorgänge aus der Aminosäure Serin. Diese ist ebenfalls essentiell und wird vom Organismus aus weiteren Ausgangsverbindungen synthetisiert. Auch auf chemischem Weg existieren Synthesemöglichkeiten, was die industrielle Herstellung und Bereitstellung als Nahrungsergänzungsmittel ermöglicht.

Das Vorkommen von Glycin

Wie bereits angesprochen zählt Glycin zu den nicht essentiellen Aminosäuren und muss damit nicht unbedingt durch Nahrung aufgenommen werden. Da es allerdings in einer Vielzahl von Lebensmitteln vorkommt, stammt der größte Teil des im Körper vorkommenden Glycins aus der Nahrung. Darin ist es nicht frei, sondern als Proteinbestandteil chemisch gebunden und erst nach metabolischer Aktivierung verfügbar.

Als wichtige Vertreter der Nahrungsmittel mit hohem Glycin-Gehalt sind Schweinefleisch und Hähnchenfleisch anzuführen. Von dessen Gesamtprotein beträgt der Anteil des Glycins etwas weniger als fünf Prozent. Auch Lachs bietet ähnlich hohe Werte. Unter dem Gemüse führen Erbsen die Liste an. Weitere Lebensmittel mit hohem Glycin-Gehalt sind Sojabohnen, Walnüsse und, mit einem Anteil von sechs Prozent am Gesamtprotein führendes Nahrungsmittel, Kürbiskerne.

Die Funktion von Glycin

Im Körper ist Glycin vielseitig vertreten und hat mehrere Funktionen. Als die kleinste Aminosäure ist es in nahezu alle Proteine eingebaut. Im Protein des Bindegewebes ist es mit einem Anteil von bis zu einem Drittel am Stärksten vertreten. Für den Fall einer Mangelernährung dient das Bindegewebe als Glyin-Quelle. Die Aminosäure stellt den Grundbaustein zum Aufbau von Knochen, Sehnen, Haut und Zähnen dar.

Die Aminosäure ist Edukt einer Reihe weiterer Verbindungen im menschlichen Körper.
Die Grundbausteine der Erbsubstanz sind sogenannte Purine. Bei deren Biosynthese ist Glycin die Ausgangsverbindung. Weiter dient es zur Synthese des eisenhaltigen Proteins der roten Blutkörperchen, dem Hämoglobin. In einem mehrstufigen Prozess und unter Verwendung weiterer Aminosäuren ist Glycin Mitbestandteil der Synthese der Aminosäure Glutathion. Dieses fungiert im Gewebe als Radikalfänger.

Glycin als Ausgangsverbindung des Kreatin

In der Leber wird aus Guandinoacetat täglich etwa ein bis zwei Gramm Kreation gebildet. Dies ist die Hälfte des notwendigen Bedarfs. Der Rest wird durch die Nahrung aufgenommen. Guandinoacetat wird durch enzymkatalysierte Methylierung aus den Aminosäuren Arginin und Glycin gebildet. Kreation selbst ist keine Aminosäure mehr, sondern wird der Gruppe der Guandinium-Verbindungen zugerechnet. Darunter fallen jene Verbindungen, an deren zentralem Kohlenstoffatom drei Stickstoffatome gebunden sind. Von der Leber gelangt das Kreation durch den Blutkreislauf in die Zielorgane. Besonders wichtig ist es für Nerven, Gehirn, Herzmuskel und Skelettmuskulatur.

Bedeutung des Glycin und Kreation im Muskelaufbau

Kreatin ist vor allem bei Muskelkontraktionen von großer Bedeutung. Hierbei wird es in der Form von Kreatinphosphat benötigt. Bei der Muskelkontraktion entsteht Adenosindiphosphat (abgekürzt ADP). Die Phosphorylgruppe des Kreatinphosphats wird zur Rückbildung zu Adenosintriphosphat (abgekürzt ATP) genutzt.

Bei normaler Ernährung wird die täglich verbleibende Menge an Kreatin, die der Körper nicht selbst aus Glycin herstellt, erreicht. Besonders hohe Anteile sind in Fleisch und Fisch enthalten. In Wurst- und Pökelwaren ist es jedoch schon weitestgehend abgebaut. Vegetarier können durch Aufnahme von reichlich Milchprodukten eine ausreichende Kreatinzufuhr gewährleisten. Bei veganer Ernährung fehlt jedoch die Kreatinaufnahme durch Nahrungsmittel. Durch einen Kreatinspeicher von etwa 120 Gramm im Körper wird auch bei kurzweiliger Mangelernährung die Körperfunktionalität aufrecht erhalten.

Trotz der anzunehmenden ausreichenden Aufnahme an Kreatin hat sich eine zusätzliche Aufnahme bei einigen Sportarten als sinnvoll erweisen. Alternativ zur Aufnahme von Kreation kann auch die Aminosäure Glycin genommen werden. Dies ist in Anbetracht der vielen weiteren Bedeutungen neben der als Ausgangsverbindung von Kreatin von Vorteil. Eine zusätzliche Kreatinsupplementierung erhöht die Kurzzeitleistung und die Maximalkraft. Die Aufnahme von Glycin oder Kreation ist also bei Sportarten wie Gewichtheben oder Sprinten sinnvoll. Durch die Rückführung des Adenosindiphosphats zu Adenosintriphosphat verbessert Kreatin aber auch den zellulären Energiezustand der Muskeln und sorgt für eine Verringerung von Zellschäden. Gerade bei Ausdauersportarten wie Marathonläufen ist dies von großer Bedeutung. Insgesamt erweisen sich Glycin und Kreation als wesentliche Verbindungen beim Muskeltraining. Bei zusätzlicher Applikation kann das Trainingsvolumen gesteigert und der Muskelaufbau schonender beschleunigt werden.

Planmäßige Aufnahme von Kreatin

Sportler führen gelegentlich ein- bis eineinhalb-wöchige Kreatinkuren durch. Dies sind hochdosierte Kreatinsupplementationen in Reinform, bei denen die tägliche Aufnahme insgesamt bis zu 20 Gramm beträgt. Dies entspräche einem Verzehr von etwa fünf Kilogramm Rindfleisch. Anfangs kann es dabei zu Blähungen und Durchfall kommen. Zudem entsteht möglicherweise eine schnelle Gewichtszunahme, welche auf Wassereinlagerungen in den Muskeln zurückzuführen ist. Grund dafür ist die Aufnahme von Natrium- und Chloridionen in die Zellen, welche zusammen mit der des Kreatin erfolgt. Dies führt zu einer Wasserretention. Dieser Effekt verliert sich durch osmotischen Ausgleich jedoch schnell wieder. Gesundheitlich signifikante Nebenwirkungen sind auch bei Hochdosisphasen nicht bekannt. Im Verlauf der Kreatin-Supplementierung findet eine effektive Zunahme der Muskelmasse statt. Daraus resultiert eine Erhöhung der Muskelkraft von bis zu 20 Prozent.

Planmäßige Aufnahme von Glycin

Wie bereits angesprochen ist Glycin eine wesentliche Aminosäure, die zahlreiche Funktionen im Körper erfüllt. Da sie Ausgangsverbindung des Kreatins ist, wirkt auch sie positiv beim Muskelaufbau. Nebenwirkungen sind auch bei hohen Dosierungen nicht bekannt. Einen Höchstwert zur Aufnahme gibt es nicht, denn durch Aufnahme zugeführtes Glycin wird vom Körper schnell metabolisiert. Ein Mangel an Glycin zieht jedoch fatale Folgen mit sich. Muskelkrämpfe entstehen, die Atmungsorgane werden beeinträchtigt, Erschöpfungszustände durch Bindegewebeabbau treten ein. Ein solcher Mangel entsteht beispielsweisse durch Vergiftung mit Strychnin, einem Alkaloid, oder durch eine Infektion mit Tetanus. Bei beiden Ursachen wird das Glycin gebunden und kann seine Funktion als Neurotransmitter nicht mehr ausführen.

Zusammenfassung und Fazit

Glycin ist eine Aminosäure, die vielseitige Funktionen im Körper erfüllt. Sie ist Ausgangsstoff vieler Verbindungen und Proteine. Sie stärkt die Immunabwehr und hält Knochen, Sehnen, Zähne, Bindegewebe und Haut gesund. So ist Glycin auch Bestandteil einiger Medikamente und Infusionsflüssigkeiten. Sie ist nicht essentiell, kann also vom Körper selbst synthetisiert werden und wird zudem ausreichend durch die Nahrung aufgenommen. Eine Mangelerscheinung, welche gefährliche Folgen nach sich ziehen würde, ist damit praktisch nicht möglich. Eine zusätzliche Aufnahme erweist sich zum Muskelaufbau, aber auch aus gesundheitlicher Sicht als sinnvoll. Nebenwirkungen sind auch bei Aufnahme hoher Dosen nicht bekannt.

Mitunter ist Glycin Ausgangsstoff für die Verbindung Kreatin, welche für den Energiehaushalt und Verringerung der Zellschäden mitverantwortlich ist. Bei Applikation in hohen Dosen, sei es durch direkte Aufnahme oder durch Anreicherung von Glycin im Körper und somit höhere Kreatinsynthese, zeigt auch diese Verbindung keine gesundheitlichen Bedenken. Sie sorgt aber bei intensivem Training auf Dauer für Muskelaufbau und Kraftsteigerung.